Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 1/2020

Maschinen- und Anlagenbau 7 Foto: Uwe Nölke tralität.„Wir stimmen insbesondere dem Bekenntnis für technologieoffene Mobi- litätsansätze zu, von der Verbesserung des Verbrennungsmotors über Power- to-X bis hin zu batterieelektrischen An- triebsformen“, sagte der VDMA-Präsi- dent. Jetzt müsse die Regierung aber auch liefern. Die Maschinenbauer for- dern in der Steuerpolitik die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie eine dauerhafte Einführung der degressiven Abschreibung auf alle Wirt- schaftsgüter. Außerdem sollte die Re- gierung die Besteuerung einbehaltener Gewinne bei Personengesellschaften auf maximal 25 Prozent beschränken. „Darüber hinaus muss die Entsendung von Arbeitnehmern ins europäische Ausland dringend wieder deutlich vereinfacht werden. Hier wurde mit na- tionalen Umsetzungen der EU-Entsen- derichtlinie ein Bürokratiemonster ge- schaffen, das den Mittelstand schädigt“, warnte Welcker. Keine Zustimmung er- hält der Wirtschaftsminister für den Plan, eine staatliche Beteiligungsfazi- lität – den Zukunftsfonds Deutschland – zu schaffen. „Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, das wissen wir aus langjähriger Erfahrung“, betonte der VDMA-Präsident. „Auch die geplante Verschärfung der Investitionskontrolle bei Übernahmen aus Drittstaaten durch die Einführung des Kriteriums ,kritische Technologien‘ lehnen wir ab. So sind zum Beispiel Roboter per se nicht si- cherheitsrelevant.“ Klares Bekenntnis zur Schuldenbremse und der „schwarzen Null“ Der VDMA bekennt sich–zusammen mit anderen großen Industrieverbänden und der Mehrheit im Sachverständigenrat – zur Einhaltung der Schuldenbremse und zur „schwarzen Null“. Denn die Investitionsschwäche in Deutschland liegt nicht an zu geringen Staatseinnah- men. Ausgeglichene Haushalte hindern die Politik auch nicht daran, bestehende Barrieren für Investitionen abzubauen, sprich: lange Planungsverfahren zu ver- kürzen, die Infrastruktur auszubauen oder die ineffiziente Netzregulierung zu verbessern.„Wer jetzt die schwarze Null oder gar die Schuldenbremse in Frage stellt, spielt mit dem Feuer, weil eine Ab- kehr von der bisherigen Politik neue Belastungen für künftige Generationen bedeutet“, mahnte Welcker. Das Motto der Großen Koalition müsse vielmehr lauten: „Investitionsbremsen lösen statt Geldhahn aufdrehen!“ Staat darf nicht noch weiter in die Tarifautonomie eingreifen Ebenso wichtig ist nach Ansicht der Maschinenbauer, dass die Regierung ihre Pläne einstellt, noch stärker in die Tarifautonomie einzugreifen. „Den Vorschlag des Bundesarbeitsministers, tarifgebundene Unternehmen zu privilegieren, lehnen wir entschieden ab“, betonte der VDMA-Präsident. Schon jetzt sind nur noch 29 Prozent der Unternehmen im Maschinenbau in einem Flächentarifvertrag gebunden. Viel hilfreicher wäre mit Blick auf die schwache Konjunktur dagegen, jetzt Regeln für die Kurzarbeit zu beschließen, die den Betrieben bereits in der Krise 2008/09 geholfen ha- ben. Denn die Zahl der Kurzarbeiter im Maschinenbau hat sich in den vergangenen Monaten spürbar erhöht. Waren im Mai 2019 erst 6.400 Personen davon betrof- fen, zeigten die Unternehmen im September bereits 14.500 Personen in Kurzarbeit an. „Wir fordern daher beispielsweise eine Ausweitung der Kurzarbeit auf 24 Monate. Und bereits jetzt sollten Möglichkeiten ge- schaffen werden, dass die Bundesagentur für Arbeit wieder die Sozialversicherungsbeiträge übernimmt, wenn die Betriebe zugleich ihre Mitarbeiter weiterbil- den. Dies darf jedoch nicht zu einer Ausweitung der Mitbestimmung und der staatlichen Einflussnahme führen“, erläuterte Wel- cker. Die neue EU-Kommission und ihr Green Deal Von der neuen EU-Kommission unter der Präsidentin Ursula von der Leyen er- warten die Maschinenbauer, dass sie die Bedeutung des industriellen Mittel- stands anerkennt und in den Fokus ihrer Politik rückt. „Es ist gut, dass die neue Kommission endlich im Amt ist und be- ginnen kann, die vielfältigen Heraus- forderungen Europas anzupacken. Aber die Industrie darf nicht nur als Erfül- lungsgehilfe für andere Ziele betrachtet werden. Die EU muss gerade jetzt die Belastungen für die Unternehmen kon- sequent abbauen und so endlich die Freiräume schaffen, die wir brauchen, um innovative und wettbewerbsfähige Lösungen zu schaffen“, betonte Welcker. Gefordert sei die Kommission, den Bin- nenmarkt endlich zu vollenden – und zum Beispiel europaweite digitale Ges- chäftsmodelle zu ermöglichen. „Dazu darf es nicht zu einer vorschnellen Überregulierung oder einer zu weitge- henden Haftungsregulierung für solche digitalen Geschäftsmodelle kommen“, betonte der VDMA-Präsident. Den Fokus der neuen Kommission auf Klimaschutz und einen European Green Deal hält der VDMA im Grundsatz für richtig. Denn der Maschinenbau liefert oder entwickelt die Technologien, um den Klimawandel zu bekämpfen. „Es gibt keinen Klimaschutz ohne Maschi- nenbau“, betonte Welcker. Aber: „Der Green Deal muss mit marktwirtschaft- lich basierten Instrumenten gesteuert werden, es darf kein neues Umvertei- lungs- und Bürokratiemonster werden.“ Daher dürfe es keine Ausweitung der Non-Financial-Reporting-Directive auf mittelständische Unternehmen geben, und eine CO 2 -Grenzsteuer dürfe auf kei- nen Fall neue bürokratischen Hürden aufstellen, die den Freihandel behin- dern. Positiv an den Green-Deal-Plänen der Kommission sei dagegen, dass Energieträger nach ihrem CO 2 -Gehalt bepreist werden sollen, sowie die vor- gesehene Fokussierung auf den Zertifi- katehandel als Marktpreisinstrument. (em/tl) „Viele unserer Kunden sind verunsichert.“ .Carl Martin Welcker, VDMA-Präsident.

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